Kopenhagen

Ein Skizzenbuch voller erster Eindrücke einer anregenden Stadt, in der wir uns vom ersten Augenblick an wohlfühlen. Vielleicht ist es auch unsere Stimmung, in der wir der Stadt begegnen. Oder es sind die ersten warmen Tage in diesem merkwürdig kalten und regnerischen Frühjahr, die nun alle aus den Häusern locken ins Freie – an die Kais des Hafens und der Kanäle, auf die Plätze und Straßen. Die Cafés, Kneipen und Restaurants können gar nicht genug Tische und Stühle herbeischaffen für die vielen Sonnen- und Lebenshungrigen. Auf Treppen, Mauern, Bänken scheint sich die gesamte Jugend Dänemarks zu treffen. Fröhliche junge Gesichter, die das Bild der Stadt bestimmen. Wir fühlen uns selbst nicht anders, zurück fast in unserer Anfangszeit. Denn es gibt einen Anlass für Hanne und mich, an diesen Pfingsttagen im Jahr 2013 einige Tage nur für uns zu haben – in einer Stadt, die wir noch nicht kennen und entdecken wollen. An diesem Samstag auf den Tag genau vor 50 Jahren beginnt nämlich unsere gemeinsame Geschichte. Zu der Zeit damals feierten wir unsere Feste privat irgendwo bei unseren Freunden, bevorzugt in strapazierfähigen Räumen, die gleichzeitig gestaltungsfähig waren. Hierin bestand immer meine Aufgabe, die mir nicht allzu schwer fiel, da ich auf einen großen Fundus eigener Bilder zurückgreifen konnte. Der biederen Atmosphäre der Wohnzimmer jener Jahre jedenfalls zogen wir gerne die rohen Keller vor. Zu dieser Party am 18. Mai 1963 hatte mich mein Schwesterherz mit ihrer Freundin verbandelt – in die ich mich gleich verliebte. Verlieben wollte? Jedenfalls hatte ich kurz vor diesem ersten Abend ein kleines Bild gemalt, voller Vorfreude und inniger Ahnung. Und vielleicht wäre es ohne diese vorauseilende Erklärung gar nicht zu den folgenreichen fünfzig Jahren danach gekommen? Jedenfalls verliebte Hanne sich ausgerechnet in dieses Bild. Immerhin. Kurz vor Mitternacht – fast wären wir schon losgefahren – holte ich noch schnell das Blatt, schenkte es ihr zusammengerollt. Es hat uns fünfzig Jahre begleitet, aufgezogen auf eine simple Spanplatte. Heimlich habe ich es neu einrahmen lassen. In Eiche. Für die nächsten 50 Jahre. Immerhin. Was hat das alles nun mit Kopenhagen zu tun? Mit diesem fotografischen Skizzenbuch? Diese Geschichte, wir und die fünfzig Jahre bleiben doch unsichtbar. Ja, aber sie spiegeln sich vielleicht in der Farbigkeit dieser Stadt, in ihrer Lebendigkeit an diesen ersten Frühlingstagen, an diesem Samstag, den 18. Mai 2013. Kopenhagen: Immer hin.